Grosse Debatte um die japanische Brühe: Schweizer Spitzenköche erklären den Reiz des Umami-Elixiers.
Seit einiger Zeit darf die Dashi auf keinem modernen Menü mehr fehlen, meist jüngere Spitzenköche giessen sie in allen möglichen Varianten in die Teller oder ergänzen ihre Saucen damit. Rolf Fliegauf (Ecco, Ascona) sagt, er arbeite deshalb gerne mit Dashi, weil sie leichter wirke als herkömmliche Saucen und durch ihr konzentriertes Umami den Gerichten trotzdem Tiefe gebe. «Umami gibt einem Gericht eine besondere Kraft. In Kombination mit Zitrus-Aromen wird der Geschmack gleichzeitig tief und leicht», findet Fliegauf.
Die Dashi ist der Kern der japanischen Küche, jede Hausfrau macht ihre eigene Dashi. Die klare Brühe besteht aus nur 3 Zutaten: Wasser, getrocknete Kombualgen und fein gehobelte Scheiben vom fermentierten, getrockneten Bonitofisch (Katsobushi), einer Thunfischart. Der Dashi, dem kulinarischen Herzen Japans, kommt höchste Aufmerksamkeit zu, alles ist bei der Zubereitung wichtig, die Weichheit des Wassers, die Herkunft der Algen und die kurze Zeit, in der die Fischflocken in der Brühe ziehen – sie wird am besten mit der Stoppuhr gemessen.
Sven Wassmer, Bad Ragaz, hat das Dashi-Prinzip auf seine alpine Produktewelt übertragen, welche die Grundlage seiner Küche bildet. Aus gerösteten Schalen von Bergkartoffeln und Bündner Trockenfleisch gewinnt er eine «Alpen- Dashi», wie er sie nennt. «Früher habe ich mit dem klassischen Dashirezept gearbeitet – mit Kombu, Katsobushi und Quellwasser. Irgendwann schien es ihm zu wenig zielführend zu sein, aus importierten Grundprodukten eine Brühe zu gewinnen. Der talentierte Koch wollte einen Schritt weitergehen, und das Dashi-Prinzip für seine Produktewelt übersetzen. «Nach etwa drei Wochen Experimentierphase kam ich darauf, dass wir mit gerösteten Pilzen und Zwiebeln, Umami in eine Brühe auf Basis von ebenfalls gerösteten Kartoffelschalen bekommen. Wie bei der Original-Dashi lasse ich die Zutaten unter dem Siedepunkt im Wasser ziehen, dann wird die Brühe abgeseiht, leicht reduziert und zum Schluss kommt das luftgetrocknete Fleisch aus Parpan dazu – unser alpines Katsobushi sozusagen», erklärt Wassmer. Das Resultat sei nicht vergleichbar mit einer japanischen Dashi, sondern habe eine ganz eigene Qualität. Wassmer setzt seine Alpen-Dashi als sichtbare Brühe ein, «als wärmendes Element im Menü», wie er sagt – zB mit «Bündner Dim Sum», gefüllt mit Dörrbirnenpaste.
Die Beliebtheit der Kultbrühe erklärt sich wohl am besten mit unserem Wunsch nach einer gesunden leichten Küche.
Ehrlichkeit beim Kochen ist vor allem wichtig. Ein japanisch inspiriertes Gericht hat seinen Platz, daneben sollten wir auch eine Verpflichtung gegenüber unserer kulinarischen Tradition haben – also ein gesundes Mass für die um sich greifende Dashi-Mania.